top of page

Erfahrungsbericht: Wofür eignet sich LEGO® Serious Play®?




Ich habe im Januar 2020 an einem viertägigen LEGO® Serious Play® Training mit Robert Rasmussen teilgenommen. In diesem Artikel berichte ich darüber, was genau hinter dieser Methode steckt, wo der Einsatz Sinn macht und was meine wichtigsten Erkenntnisse aus dem Training sind. Kurz vorweg: Es geht weniger um Spiel und Spaß und mehr um Strategie und das Lernen in Echtzeit.


Ich will persönlich herausfinden was hinter LEGO® Serious Play®, kurz: LSP, steckt und ob ich es sinnvoll im Arbeitskontext einsetzen kann. Ein Kollege empfiehlt mir die Methode direkt bei Robert Rasmussen, dem Erfinder, zu lernen. Begründung: „Robert ist ein großartiger Moderator, von dem Du viel lernen kannst.“ Die Veranstaltung findet im Januar 2020 im inno.hub im Frankfurter Flughafen statt und wird von Matthias Renner organisiert. Weil das Training komplett auf Englisch stattfindet, nutze ich im Artikel viele der englischen Originalbegriffe.


Ich werde hier nicht auf die Lern- und Kognitionstheorien eingehen, die hinter LSP stecken. Ich möchte nur anmerken, dass LSP auf einem breiten und wissenschaftlichen Fundament fußt, welches im Training pointiert und eindrucksvoll vermittelt wird (z.B. Hand-Mind-Connection, Constructivism, Constructionism, Flow-Theory).


Anfangs zögere ich, mich anzumelden. Ich kenne LEGO® aus meiner Kindheit und aus dem Design Thinking Basic Track der HPI d.school in Potsdam. Dort wird es als Material für die Erstellung von Prototypen genutzt. Einen echten Mehrwert habe ich in diesem Kontext nicht erlebt. Ich fand es zu oberflächlich, um innovative Ideen zu visualisieren und habe selten brauchbare Erkenntnisse in Nutzertests mit LEGO® Modellen gesammelt. Deshalb verzichte ich in Workshops auf den Einsatz von LEGO®.



LEGO® als Prototyping-Material?


LSP ist zum Glück anders! Es geht nicht darum, Ideen mit Nutzer*innen zu testen. LSP ist vielmehr eine Methode zur Strategieentwicklung im Unternehmens- und Teamkontext. Es geht um die Visualisierung von abstrakten Begriffen, z.B. den eigenen Kompetenzen, den Aufgaben und Ressourcen in einem Team oder angestrebten neuen Fähigkeiten und um das Zusammenführen von diesen Faktoren in einem gemeinsamen Modell. Es geht darum, die Verbindungen zwischen diesen Einfüssen im Rahmen einer LEGO® Landschaft sichtbar und erlebbar zu machen. So lassen sich aktuelle und zukünftige Szenarien strategisch durchspielen. Im Workshop spricht Robert von „Real Time Strategy“ (RTS), was stellvertretend für „learned strategy“ steht. Planung und Handlung wechseln sich bei dieser von Anfang an ab (plan, do, plan, do, plan, do), im Gegensatz zur „planned strategy“, bei der ausgiebig geplant und erst am Ende gehandelt wird (plan, plan, plan, do). Es geht also bei RTS um das schnelle Prüfen und Scheitern, um ein Lernen in Echtzeit. Ein mittlerweile bewährtes Vorgehen, welches bei diversen agilen Methoden und Designprozessen zum Einsatz kommt.



LEGO® Serious Play® wird mit den Händen gelernt


Die Teilnehmer*innen erleben persönlich alle sieben von Robert und seinem Team entwickelten Application Technics (AT). Die Choregrafie dieser Techniken wurde laut Robert unzählige Male iteriert – und das merkt man. Alles baut logisch und nachvollziehbar aufeinander auf, die Aufgaben bringen das Team schnell in den „Flow“ und es wird immer persönlicher und erkenntnisreicher. Alles ist zudem hervorragend dokumentiert, wir bekommen gleich zu Beginn des Workshops einen umfangreichen Ordner und Robert teilt immer wieder, passend zu seinen kurzen und spannenden Inputs, neue und ergänzende Handouts aus. Die Methode wird scheinbar auch nach 20 Jahren noch erweitert und verbessert.


90 % der Trainingszeit arbeiten wir mit den LEGO® Steinen. Robert moderiert uns fröhlich von einer Aufgabe zur nächsten, es wird immer komplexer und herausfordernder. Ich bin überrascht wie viel Spaß mir die Kreation der Modelle macht und zapfe spürbar mein Unterbewusstsein an. Ich bin dankbar über die Erfahrung und das Gelernte, obwohl ich seit dem dritten Workshop-Tag, der von 8:30 bis 22 Uhr geht, mit Erschöpfung zu kämpfen habe. Auf meine Rückfrage erklärt Robert, dass diese Nachtschicht nötig sei, damit wir in der begrenzten Zeit auch lernen eigene LSP-Workshops zu konzipieren. Ich entwerfe also müde und unkonzentriert im Zweierteam eine Agenda für ein aktuelles Beratungsprojekt.


Am Ende des vierten Tages, nachdem wir einen letzten gemeinsamen LSP-Prozess durchlaufen haben, ist deutlich ein Gefühl der Verbundenheit im Team spürbar. Ich bin erleichtert, positiv aufgeladen und ahne erste Möglichkeiten, die neuen Erkenntnisse in Projekten einzusetzen. Noch sinnvoller erscheint mir die Methode allerdings im Kontext meiner Rolle als Systemischer Coach und Organisationsentwickler.



Meine 3 wichtigsten Erkenntnisse aus dem LSP-Training


1. Die richtigen Fragen stellen

Auch eine gute Methode braucht gute Fragen. Robert hat im Workshop eindrücklich gezeigt wie erkenntnisreich die Antworten sind, wenn gute Fragen gestellt werden. LSP ist nur der Katalysator, das Ergebnis der Methode steht und fällt mit der Fähigkeit der Moderation durch den Workshop zu leiten. Aus der Nutzerrecherche kenne ich bereits die 5-Why-Methode, mit deren Hilfe unterbewusste Emotionen hinter Entscheidungen und Handlungen aufgespürt werden. Auch diese Methode führt nur mit dem entsprechenden Mindset zu tieferen Erkenntnissen: Neugier, dem echten Interesse am Gegenüber, Unvoreingenommenheit und Respekt. Robert empfiehlt passend zum Thema das Buch Humble Inquiry von Edgar H. Schein (Hier findest du einen Auszug.), welches auch auf deutsch erhältlich ist. Dieser Empfehlung schließe ich mich an. Unbedingt lesen und dann weniger reden, bewusster fragen sowie aufmerksam zuhören.


2. 3D Note-Taking

Ich arbeite seit Jahren mit Whiteboard, Flip-Chart und Post-its. Auch in meinem Home Office hängt ein Whiteboard an der Wand. Ich nutze es jeden Tag und bin mir bewusst, wie wichtig es ist mit den Händen zu denken. Robert hat im Training eine ergänzende Technik vorgestellt: 3D Note-Taking. Mit Hilfe von LEGO® Steinen können ganz einfach und klärend Zusammenhänge, Positionen und Spannungsfelder visualisiert werden. Hierzu müssen keine komplexen Modelle gebaut werden, schon wenige Steine genügen. Diese werden gemeinsam mit einem Kunden/ einer Kundin oder einem Kollegen/ einer Kollegin auf dem Tisch platziert und im Dialog neu arrangiert. Ich habe den Eindruck, dass 3D Note-Taking sich besonders effektiv im Kontext einer Auftragsklärung einsetzen lässt. Das nächste Mal nehme ich einfach mal eine Tüte LEGO® mit zum Kunden, um z. B. die Spannungsfelder oder Probleme zwischen den Abteilungen mit Hilfe der LEGO® Steine dreidimensional zu visualisieren und so besser zu verstehen. Ein weiterführendes PDF von Robert: 10 Golden Rules of 3D Note-Taking.


3. Simple Guiding Principles

Im Rahmen der Real Time Strategy haben wir Simple Guiding Principles (SGP) für die Durchführung unserer zukünftigen LSP-Workshops entwickelt. Diese kurzen Leitsätze basieren auf den Erkenntnissen aus dem Training. SGP sind präzise und trotzdem vielseitig. Sie sind zukunftsorientiert und verweisen auf Verhaltensweisen deren Ausprägung wir anstreben. Ziel der SGP ist es, in unerwarteten oder kritischen Workshop-Situationen schnell und problemlösend handeln zu können. Idealerweise funktionieren sie aber auch im Arbeits- und Lebensalltag. Ein erster Prototyp der eigenen SGP ist schnell erstellt und kann beliebig oft iteriert werden. Beginne mit fünf Leitsätzen, überlege dir: In welchen Situationen möchte ich mich in Zukunft anders oder problemlösender verhalten? Welcher Leitsatz kann mich dabei unterstützen? Für mehr Informationen zum Thema SGP empfehle ich diesen Artikel von Richard Shrapnel. Abschließend drei einfache Beispiele für Simple Guiding Principles für den Alltag:

  • niemanden verurteilen (don’t judge nobody)

  • die Komfortzone verlassen und improvisieren (drop your routine and start improvising)

  • neugierig offene Fragen stellen (ask humble questions)


Du möchtest mit deinem Team greifbare Strategien mithilfe von LEGO® Serious Play® erarbeiten? Dann melde dich für ein kostenfreies Beratungsgespräch.




Titelfoto von Amélie Mourichon auf Unsplash

bottom of page