top of page

5 Methoden für psychologische Sicherheit im Team

Steffen Sommerlad

Das Bild zeigt ein Team in einem Workshop

Innovation und Kreativität entsteht dort, wo Menschen sich sicher fühlen, ihre Ideen zu teilen – ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Teams arbeiten erfolgreicher, wenn sie psychologische Sicherheit erleben. Doch was genau ist psychologische Sicherheit und wie kann sie bewusst gefördert werden? Und braucht wirklich jedes Team psychologische Sicherheit? In diesem Artikel beantworte ich diese Fragen und beschreibe fünf einfache Methoden für den Arbeitsalltag, um psychologische Sicherheit in deinem Team zu entwickeln. Als Bonus gibt es einen kostenfreien Fragebogen zum Download, mit dem du psychologische Sicherheit messen kannst.


Inhaltsverzeichnis:



Was bedeutet psychologische Sicherheit?


Bekannt wurde der Begriff psychologische Sicherheit durch den TEDx-Talk “Building a psychologically safe workplace.” von der Sozialwissenschaftlerin Amy Edmondson (2014) und die von Google durchgeführte Studie “Project Aristotle” (2012 bis 2015). Amy Edmondson beschreibt in ihrem Vortrag, dass psychologische Sicherheit die Grundlage dafür ist, dass sich die Mitarbeiter*innen in einem Team sicher genug fühlen, um eigene Ideen in den Arbeitsalltag einzubringen und auch Bedenken, also konstruktive Kritik, zu äußern. Diese Verhaltensweisen sind entscheidend für eine effektive Zusammenarbeit, da so Weiterentwicklung und Innovation möglich werden und Fehler durch Ehrlichkeit vermieden werden können.


„Psychologische Sicherheit ist die gemeinsame Überzeugung aller Mitglieder eines Teams, dass es (innerhalb des Teams) sicher ist, zwischenmenschliche Risiken einzugehen“ - Amy Edmondson

Google wollte 2012 herausfinden, was erfolgreiche Teams ausmacht. Dazu wurden intern zwei Jahre lang 180 Teams untersucht und 200 Interviews geführt. Ziel war es, die perfekte Mischung aus Ausbildung, Kompetenz und Erfahrung zu finden, die Teams erfolgreicher macht als andere. Zu ihrer Überraschung war nicht die Zusammensetzung der Teams entscheidend, sondern die Art und Qualität ihrer Zusammenarbeit. Fünf Faktoren erwiesen sich als entscheidend für den Erfolg dieser Teams:


Grafik: Fünf Faktoren, die Teams erfolgreich machen
Die Ergebnisse der Studie von Google.

  1. Psychologische Sicherheit: "Ich kann meine Ideen und Bedenken einbringen ohne von anderen abgewertet zu werden.”

  2. Verlässlichkeit: "Wenn meine Teamkolleg*innen sagen, dass sie etwas bis zu einem vereinbarten Zeitpunkt erledigen, dann kann ich mich darauf verlassen."

  3. Struktur und Klarheit: "Wir haben klare Rollen und Ziele im Team und können effektiv Entscheidungen treffen."

  4. Sinn: "Die Arbeit, die ich leiste, ist für mich von Bedeutung."

  5. Wirkung: "Ich verstehe, wie die Arbeit meines Teams zu den Zielen der Organisation beiträgt."



Welche Verhaltensweisen werden mit psychologischer Sicherheit assoziiert?


Psychologische Sicherheit führt zu einer Teamkultur, die von Offenheit und Vertrauen geprägt ist. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist, dass die Teammitglieder ihre eigenen Stärken kennen, über Fehler sprechen und Ideen sowie Bedenken klar kommunizieren. Kurz gesagt: Es geht um eine offene und konstruktive Kommunikation, die sich in folgenden Verhaltensweisen zeigt:


  • Menschen im Team können sich gegenseitig um Hilfe bitten, ohne sich dabei inkompetent zu fühlen: “Ich weiß das nicht”, “Kannst du mir helfen?”.

  • Menschen im Team können ihre Bedenken bezüglich einer Idee oder eine Maßnahme äußern, ohne mit Sanktionen oder Anfeindung der Anderen rechnen zu müssen: “Ich habe folgende Bedenken”, “Ich bin anderer Meinung”.

  • Menschen im Team können Fehler ohne Angst vor Konsequenzen eingestehen und lernen gemeinsam aus den gemachten Fehlern: “Ich habe einen Fehler gemacht”, “Vielleicht liege ich falsch”.

  • Menschen im Team bekommen die Möglichkeit, die eigenen Ideen und Fähigkeiten einzubringen: “Welche Ideen hast du?”, “Lasst uns gemeinsam an einer Lösung arbeiten”.



Welches Team braucht psychologische Sicherheit und warum gerade jetzt?


Ob ein Team psychologische Sicherheit braucht, hängt von seiner Zusammensetzung, den Aufgaben und dem bestehenden Arbeitsklima ab. Doch eines ist klar: Die meisten Teams profitieren von den positiven Effekten, die eine bewusste Auseinandersetzung mit diesem Thema mit sich bringt:


  • Mehr Innovation und Kreativität: In einem sicheren Umfeld entstehen mutige Ideen und Lösungsansätze – das Risiko zu scheitern wird als Teil des Fortschritts akzeptiert.

  • Steigerung der Effizienz: Konflikte werden offen angesprochen und zügig gelöst, ohne die Arbeitsabläufe oder den Teamzusammenhalt zu stören.

  • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit: Ein Klima, in dem jede*r gehört wird und sich authentisch einbringen kann, führt zu mehr Zufriedenheit und einer geringeren Fluktuation.


Gerade in unsicheren und dynamischen Umfeldern, in denen Teams mit hoher Diversität und komplexen Anforderungen arbeiten, ist psychologische Sicherheit wichtig. Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, begrenzte Ressourcen wie Zeit, Budget und Wissen effizient einzusetzen und sich gleichzeitig immer schneller an sich verändernde interne und externe Bedingungen anzupassen.


In diesem Spannungsfeld macht eine vertrauensvolle Teamkultur den Unterschied: Sie schafft die Grundlage für eine offene und wertschätzende Kommunikation, die es Teams ermöglicht, Gewohntes zu hinterfragen und Neues zu wagen. Durch Raum für Reflexion, mutige Entscheidungen und kontinuierliche Anpassung entsteht eine Arbeitsweise, die nicht nur zukunftsfähig, sondern auch sinnstiftend für die Beteiligten ist.


Ein Team feiert einen Erfolg.
So entwickelt sich ein Team weiter: Erfolge feiern und aus Fehlern lernen.

So förderst du psychologische Sicherheit: Fünf Methoden und ein Workshop


Im Folgenden geht es darum, wie du die psychologische Sicherheit in deinem Team bewusst fördern kannst. Als Einstieg empfehle ich dir einen Workshop (ca. 3 Stunden). Am besten beginnst du damit, dein Team in einem Impulsvortrag (max. 15 Minuten) mit dem Thema vertraut zu machen. Dazu kannst du den Inhalt dieses Blogartikels verwenden. Stelle beispielhafte Verhaltensweisen vor, die mit psychologischer Sicherheit in Verbindung gebracht werden, und lass dein Team anschließend in Kleingruppen diskutieren, welche dieser Verhaltensweisen bereits in eurem Arbeitsalltag vorkommen und welche noch nicht. Danach präsentiert jede Gruppe ihre Ergebnisse. Wählt gemeinsam eine der wünschenswerten Verhaltensweisen aus, und entwickelt konkrete Lösungsideen, um diese in eurem Team zu stärken. Bei der Ideenentwicklung ist es wichtig, zunächst klar zu definieren, welches Verhalten ihr fördern und entwickeln wollt. Dazu empfehle ich dir, eine “Wie können wir”-Frage zu formulieren: “Wie können wir das gemeinsame Entwickeln und Ausprobieren von Ideen im Arbeitsalltag fördern?” Eine detaillierte Beschreibung der WKW-Methode findest du in diesem Blog-Artikel.


Vertraue auf dein Team, die Chancen stehen gut, dass erste Ideen entstehen, die in euren Arbeitsalltag passen. Nach dem Workshop geht es darum, die Ideen zu testen und zu verbessern. Überfordere dein Team nicht und wähle realistische Schritte. Erwarte nicht, dass alles sofort funktioniert. Plane bewusst Raum für das Experimentieren ein und überprüfe regelmäßig, ob die Ideen funktionieren und wie sie weiter verbessert werden können.


Zur Inspiration kannst du deinem Team diese etablierten Methoden und Techniken vorstellen:


  1. Check-in und Check-out: Plane in Meetings und Workshops ein paar Minuten für den persönlichen Austausch ein. Erkundige dich beim Check-in und Check-out nach dem Wohlbefinden deines Teams: Wie fühlst du dich heute? Gibt es etwas, das dich heute daran hindert, voll da zu sein? Mit welchem Gefühl verlässt du das Meeting? Die besten Check-in-Fragen für Meetings und Workshops findest du in diesem Blog-Artikel.

  2. Daily Stand-up: Ein tägliches Stand-up Meeting (max. 15 Minuten) hilft besonders Teams, die remote zusammenarbeiten, in Kontakt zu bleiben. Hier beantworten alle Teilnehmer*innen kurz die folgenden drei Fragen: Was habe ich gestern gemacht? Was mache ich heute? Gibt es ein Hindernis oder brauche ich Unterstützung?

  3. Feiern und Bedauern: Plane Zeiten ein, um Erfolge zu feiern und aus Fehlern und Versäumnisse zu lernen. Dies kann z.B. als Programmpunkt in einem wöchentlichen Teammeeting geschehen oder als eigene Veranstaltung, bei der ihr euch gegenseitig über Projekte und die dabei gemachten Erfahrungen informiert. In einer offenen und transparenten Fehlerkultur liegt ein großes Lernpotenzial für alle.

  4. Retrospektive: Es ist wichtig, einmal im Quartal oder Halbjahr als Team für 2-3 Stunden die Zusammenarbeit in einer Retrospektive zu reflektieren. Hier wird besprochen, was gut läuft, was nicht so gut läuft und welche neuen Ideen ihr als nächstes ausprobieren möchtet (z.B. Start-Stop-Continue, 4L – Liked, Learned, Lacked, Longed for oder Mad-Sad-Glad). Retrospektiven sind die Grundlage für eine langfristige Teamentwicklung, die immer wieder auf interne und externe Anforderungen eingeht und so eine sinnstiftende und wertschätzende Arbeitskultur schafft.

  5. Feedback-Kultur: Definiere eine Haltung und Formate für regelmäßigen Austausch, sowohl im Team als auch unter vier Augen. Rückmeldungen bieten großes Potenzial für die Entwicklung der Team- und Organisationskultur. Achte darauf, dass sie als Unterstützung zur Potenzialentwicklung verstanden werden und nicht als persönlicher Angriff. Eine wertschätzende Kommunikation konzentriert sich auf Bedürfnisse und Entwicklungsmöglichkeiten statt auf Fehler oder Defizite. Um wirksam zu sein, sollte Feedback konkret, konstruktiv und zeitnah sein. Eine bewährte Methode, um Rückmeldungen strukturiert und wertfrei zu formulieren ist das WWW-Feedback („Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch“). Wenn du dich intensiver mit dem Thema Feedback beschäftigen möchtest, dann empfehle ich dir als Grundlage das Konzept der “Gewaltfreien Kommunikation” (GfK) von Marshall B. Rosenberg.



Wie lässt sich psychologische Sicherheit messen?


Wenn du die psychologische Sicherheit in deinem Team langfristig fördern möchtest, dann ist es sinnvoll diese Entwicklung auch zu messen. Dies kann z.B. mit Hilfe eines anonymen Fragebogens geschehen, den du zu Beginn und im Laufe des Projektes immer wieder von den Teammitgliedern beantworten lässt. Den folgenden Fragebogen kannst du am Ende des Artikels als Template herunterladen:


  1. Fühle ich mich in unserem Team sicher, meine Meinung zu äußern, auch wenn sie von der Mehrheit abweicht?

  2. Kann ich Fehler offen ansprechen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen?

  3. Habe ich das Gefühl, dass meine Kolleg*innen mich unterstützen, wenn ich Probleme oder Herausforderungen habe?

  4. Wird konstruktives Feedback im Team als Möglichkeit zur Weiterentwicklung gesehen?

  5. Habe ich den Eindruck, dass alle Teammitglieder mit Respekt behandelt werden, unabhängig von Hierarchie, Erfahrung oder Hintergrund?

  6. Habe ich in unserem Team das Gefühl, mich authentisch zeigen zu können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu haben?

  7. Kann ich mich in Meetings aktiv einbringen, ohne unterbrochen oder übergangen zu werden?

  8. Werden Bedenken oder kritische Anmerkungen ernst genommen und wertschätzend behandelt?

  9. Planen wir im Team ausreichend Reflexionsformate (z. B. Retrospektiven, Feedbackrunden) ein, um unsere Zusammenarbeit zu verbessern?

  10. Hast du Ideen für weitere Maßnahmen, die unsere psychologische Sicherheit verbessern könnten?


Bitte beachte, dass die Antworten auf diese Fragen natürlich nur eine Entwicklungstendenz aufzeigen, es ist nur bedingt möglich, weiche Faktoren wie psychologische Sicherheit zu messen. Weitere sinnvolle Messgrößen in diesem Zusammenhang sind die Fluktuation im Team, die Anzahl der neu entwickelten Ideen und die Anzahl der pro Halbjahr durchgeführten Feedbackgespräche und Retrospektiven.



Fragebogen zur psychologischen Sicherheit
Ein Fragebogen zur Bewertung der psychologischen Sicherheit.

Zusammenfassung und Template


Psychologische Sicherheit und die damit verbundenen Methoden sind besonders wertvoll für heterogene Teams in unsicheren und dynamischen Umgebungen. Sie unterstützen eine offene und wertschätzende Feedback- und Fehlerkultur, die Kreativität und Innovation fördert. Ein guter Einstieg in das Thema ist ein Workshop, der deinem Team Raum zur Reflexion und zur Auswahl passender Methoden gibt.


Nutze das Template, um die psychologische Sicherheit in deinem Team zu beobachten:




Du suchst einen Teamcoach, der dein Team zum Thema psychologische Sicherheit unterstützt? Dann kontaktiere mich für ein unverbindliches Erstgespräch.




Fotos von unsplash.

bottom of page