Workshop-Design Teil 3: Ideenentwicklung und Planung
- Steffen Sommerlad
- 24. Jan.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Juni
In den ersten beiden Artikeln dieser Serie habe ich das grundlegende Framework für effektive Workshops sowie die ersten beiden Phasen, Recherche und Fokus, vorgestellt. In diesem dritten und letzten Artikel der Serie beschreibe ich die darauf folgende Ideenentwicklung und Umsetzung im Detail.

Inhaltsverzeichnis:
Willkommen im Lösungsraum! Nachdem ihr zunächst umfangreich recherchiert und anschließend einen klaren Fokus definiert habt, ist nun der richtige Zeitpunkt, um Lösungen und Ideen zu entwickeln. In diesem Artikel zeige ich euch, wie ihr dabei effektiv und kreativ vorgeht.
Bevor ihr mit der Ideenentwicklung startet, lasst uns noch einmal auf theoretischer Ebene klären, wo ihr euch im Rahmen eines effektiven Workshops befindet.
Bisher habt ihr euch intensiv mit der Prüfung der Herausforderung beschäftigt. Ihr habt alle verfügbaren Informationen gesammelt, strukturiert und anschließend die mit dem größten Potenzial ausgewählt. Darauf aufbauend habt ihr inspirierende WKW-Fragen definiert.
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit arbeitet ihr jetzt an einer wirklich relevanten Herausforderung, hinter der das gesamte Team steht. Ihr seid ein gutes Stück vorangekommen und habt strategisch als Team zusammengearbeitet. Der Problemraum ist damit abgeschlossen, weiter geht's im Lösungsraum.
Vermutlich habt ihr sogar schon einige Ideen im Kopf oder auf Post-its notiert. Eine umfangreiche Recherche inspiriert und zeigt direkt ungenutzte Potenziale auf. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um noch mehr Ideen zu entwickeln und das gesamte Team aktiv in diesen Prozess zu involvieren. Hierfür könnt ihr die WKW-Fragen aus der zurückliegenden Phase nutzen.
Ideen-Methode: Brainstorming
Die Ideenentwicklung startet mit einem Brainstorming. Wir befinden uns in der zweiten offenen, auch divergierenden, Phase. In dieser geht es wieder um Vielfalt und Quantität und weniger um Qualität oder eine einzige perfekte Idee. Der Moderator bzw. die Moderatorin wählt eine WKW-Frage aus, stellt sie dem Team vor, geht kurz auf die Brainstorming-Regeln ein und legt dann einen Zeitraum für das Brainstorming fest. Wir empfehlen einen Zeitraum von 5 bis 10 Minuten. Am sinnvollsten ist es, wenn alle Teilnehmenden ihre Ideen und Lösungen alleine und in Stillarbeit entwickeln. Jede*r erhält hierfür einen Stapel Post-its sowie einen Marker. Damit die Post-its später optimal am Whiteboard sortiert und gruppiert werden können, darf auf jedem Post-it nur eine einzige Idee notiert werden. Bullet Points oder ganze Sätze sind nicht zulässig.

Seid so präzise und reduziert wie möglich und ergänzt die Idee gerne um eine einfache Visualisierung. Die folgenden Regeln unterstützen das Team dabei, so ergebnisoffen und kreativ wie möglich viele Ideen zu entwickeln.
Brainstorming-Regeln:
Alles ist erlaubt, lasst euch nicht limitieren.
Quantität vor Qualität: Entwickelt pro Minute eine Idee!
Die Ideen werden nicht bewertet.
Denkt auch futuristisch und unkonventionell.
Schreibt gut lesbar und arbeitet visuell.
Pro Post-it nur eine Idee!
Ideen effektiv gruppieren
Nachdem die Zeit für das stille Brainstorming abgelaufen ist, stellen die Teammitglieder nacheinander ihre Ideen vor. Auch hierfür empfehlen wir einen vorab definierten Zeitraum von ein bis drei Minuten pro Person. Die Moderatorin bzw. der Moderator ruft die Teammitglieder nacheinander auf. Diese lesen alle Ideen auf ihren Post-its vor. Die Moderation versucht anschließend, direkt passende Oberbegriffe zu definieren, anhand derer die Ideen sinnvoll gruppiert werden können.

Beachte bitte, dass es an dieser Stelle nicht darum geht, die eigenen Ideen gut zu verkaufen oder besonders detailliert zu erklären, sondern darum, Vielfalt am Whiteboard zu erreichen. Es geht nicht darum, als Einzelperson eine einzige gute Idee zu entwickeln, sondern im Team einen großen Pool inspirierender Ansätze zu finden. Die Ideen werden später ausgearbeitet.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass einige Ideen mehrfach auftauchen. Lasst trotzdem alle Teilnehmenden ihre Ideen vorstellen. Weist bewusst auf Dopplungen hin und sortiert dann die entsprechenden Post-its entweder aus oder sammelt sie unter einem Oberbegriff. So bleibt das Board übersichtlich und strukturiert. Nachdem alle Ideen vorgestellt wurden, prüft die Moderation gemeinsam mit dem Team, ob alle Post-its sinnvoll platziert und gruppiert wurden. Falls nicht, werden jetzt weitere Oberbegriffe oder Gruppen definiert, zusammengeführt, getrennt oder einzelne Post-its neu platziert.
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um im Team zu prüfen, ob alle mit der Anzahl und Vielfalt der Ideen zufrieden sind. Falls nicht, startet eine weitere Brainstorming-Runde. Weist dabei explizit darauf hin, dass alle bereits genannten Ideen als Ausgangspunkt für neue Ideen genutzt werden können. Ergänzt, reduziert oder entwickelt einen Remix aus diversen Ideen. Alles ist erlaubt, der Teamerfolg zählt! Nach Ablauf der Zeit werden die Ideen wieder vorgestellt und am Whiteboard sinnvoll strukturiert abgelegt. Wenn ihr in der Fokus-Phase mehrere WKW-Fragen definiert habt, könnt ihr jetzt natürlich auch noch Ideen zu einer zweiten oder dritten Frage entwickeln.
Im nächsten Schritt geht es nun darum, eine Auswahl zu treffen und die Ideen zu priorisieren. Die effektive Dot-Voting-Methode habe ich euch bereits im vorigen Artikel vorgestellt. Stellt auch hier wieder eine zielführende Frage, verteilt pro Person die gleiche Anzahl an roten Klebepunkten und lasst das Team in Stillarbeit auf die Post-its oder die Oberbegriffe abstimmen. Nach Ablauf der Zeit werden die Post-its mit den meisten Punkten in einem neuen Bereich gesammelt und in eine chronologische Reihenfolge gebracht.
Die Umsetzung planen
Fast geschafft! Ihr könnt stolz auf die Ergebnisse der letzten Phasen zurückblicken. Viele gute Ideen, die eine relevante Herausforderung adressieren, stehen auf dem Board. Einige davon wurden bereits per Dot-Voting favorisiert, sodass der Fokus für den nun folgenden Schritt klar ist.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ihr die Ideen so weit ausarbeitet, dass sie nach dem Workshop vom Team und anderen Beteiligten effektiv nachvollzogen und umgesetzt werden können. Es geht nicht darum, die Ideen akribisch bis ins Detail auszuarbeiten – dafür fehlt die Zeit. Es geht vielmehr darum, im Team zu prüfen, ob ihr eine ähnliche Vorstellung von der Umsetzung habt. Betrachtet diese Ausarbeitung als Synchronisation eurer Gedanken und als erste Konkretisierung abstrakter Ideen.
Eine gute Idee ist erst einmal nur eine gute Idee. 99 Prozent der Arbeit stehen noch bevor. Es ist entscheidend, dass ihr eure Ideen am Ende eines effektiven Workshops so klar und nachvollziehbar wie möglich dokumentiert. Nur so könnt ihr auch nach dem Workshop effektiv weiter daran arbeiten.
Bevor ihr mit der Ausarbeitung der Ideen beginnt, erfolgt eine Prüfung eurer Ressourcen. Wie viel Workshop-Zeit steht noch zur Verfügung und wie groß ist das Team? Wir empfehlen, pro Idee eine Kleingruppe mit drei bis vier Personen zu bilden und mindestens 30 Minuten für die Ausarbeitung einzuplanen. Nehmen wir an, ihr habt nur noch eine Stunde Zeit und seid insgesamt zehn Personen: In diesem Fall bildet ihr drei Teams – zwei Dreier- und ein Vierer-Team – und könnt drei verschiedene Ideen im Rahmen der halben Stunde ausarbeiten. In den verbleibenden 30 Minuten präsentiert ihr die Ideen und holt euch wertvolles Feedback von den anderen Teams. Plant für jede Präsentation maximal 5 Minuten und für das anschließende Feedback nochmals 5 Minuten ein. Achtet bei der Präsentation und dem Feedback akribisch darauf, dass diese Zeiten eingehalten werden. Nutzt am besten einen Time-Timer oder eine Stoppuhr mit akustischem Signal. Falls immer noch unklar ist, welche Ideen von den Teams ausgearbeitet werden sollen, könnt ihr diese nochmals durch eine Aufwand-Wirkung-Matrix priorisieren.
Dokumentenvorlage für die Ausarbeitung
Definiert klare Rollen in den Kleingruppen, bevor die Ausarbeitung beginnt:
eine Person kümmert sich um die Dokumentation und füllt die Vorlage aus
eine*r achtet auf die Zeit
wenn jemand zeichnen kann, dann übernimmt sie oder er die Visualisierung.

Nun geht es an die Ausarbeitung und Konkretisierung der Ideen. Ihr habt entschieden, wie viele Ideen bearbeitet werden und Teams gebildet. Was genau passiert in den folgenden 30 Minuten? Alle Teams nutzen die gleiche Dokumentenvorlage, auch Template genannt. Sie unterstützt euch dabei, die wichtigsten Informationen zu den Ideen auszuarbeiten und zu dokumentieren.
Ich empfehle dir, bei dieser Vorlage mindestens die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
Name der Idee: Kurz und knackig, damit direkt klar ist, worum es geht.
Zielgruppe: An wen richtet sich die Idee?
Beschreibung der Idee: In wenigen Sätzen die Grundfunktionen oder die wichtigsten Bestandteile der Idee beschreiben. Gerne könnt ihr auch auf den Mehrwert eingehen, der für die Zielgruppe entsteht.
Die nächsten fünf Schritte zur Umsetzung (z. B. Team aufstellen, Recherche durchführen, Zeitplan erarbeiten, Aufgaben verteilen, Termin vereinbaren, Dokumente oder Inhalte erstellen, Ressourcen definieren und beantragen).
Verantwortung für die weitere Ausarbeitung: Einzelperson oder Team

Je nach Erfahrung und Herausforderung kannst du die Vorlage weiter an eure Bedürfnisse anpassen. Lasst euch dabei von den folgenden Punkten inspirieren:
Ergänzende Visualisierung: Unterstützt die Beschreibung zum Beispiel durch eine Prozessskizze, Menüpunkte, ein Inhaltsverzeichnis oder eine Visualisierung der Nutzungssituation bzw. des Produkts.
Benötigte Ressourcen (z. B. Personentage, Anzahl der Mitarbeitenden, interne und externe Expertise, finanzielle Unterstützung, technische Voraussetzungen, Unterlagen).
Erfolgsmessung: Wie und wann wird der Erfolg gemessen? Definiert mögliche Messwerte, z. B. Website-Besucher, Kundenkontakte, Anzahl der Bestellungen oder Umsatzvolumen.)
Nachdem ihr das Feedback ausgearbeitet, präsentiert und dokumentiert habt, klärt im letzten Schritt, wer die Verantwortung für die Umsetzung der jeweiligen Idee übernimmt. Kümmert sich eine Einzelperson oder das gesamte Team darum? Passt eure Überlegung dem Umfang der Idee an. Et voilà, ihr habt nun ein solides Ergebnis. Am besten vereinbart ihr direkt einen kurzen Folgetermin, um euch zeitnah nach dem Workshop über den Fortschritt auszutauschen.
Das waren die letzten Schritte im Rahmen eines effektiven Workshop-Designs. Du hast nun alle vier Phasen kennengelernt – Recherche, Fokus, Ideenentwicklung und Planung – und bist bereit, deine eigenen Workshops in Zukunft effektiver zu gestalten.